ADHS bei Kindern und Erwachsenen: Mehr als Zappeligkeit
ADHS bei Kindern und Erwachsenen bedeutet nicht nur Zappeligkeit oder Unkonzentriertheit – es ist ein ganzes Erleben, das tief ins Handeln, Fühlen und Denken eingreift. Gerade in Phasen großer Belastung zeigt sich eine typische Dynamik: Man sieht, was getan werden muss, weiß, dass es wichtig ist – und schafft es trotzdem nicht, loszulegen. Es entsteht eine lähmende Blockade – eine sogenannte „paralysis through overwhelm“.
Dieses Erleben teilen viele Erwachsene mit ADHS – und Kinder ebenso, auch wenn sie es oft nicht in Worte fassen können. In diesem Artikel schauen wir uns an, wie sich diese Überforderungsspirale zeigt – und wie wir Wege daraus finden können.
ADHS im Alltag: Das Gefühl, festzustecken
Ein Erwachsener mit ADHS beschreibt es so:
„Ich habe so viel zu tun, aber ich klebe am Stuhl. Ich bin müde, antriebslos, obwohl ich weiß, dass es durchs Nichtstun nicht besser wird. Wenn ich mich aufraffe, nehme ich zwei, drei Dinge in die Hand – und gebe dann wieder auf, weil ich keine echte Chance auf Erfolg sehe.“
Was hier passiert, ist bei ADHS sehr typisch: Das Gehirn ist im Alarmmodus, sieht zu viele Aufgaben auf einmal, kann sie aber nicht priorisieren oder strukturieren. Es fehlt der Einstiegspunkt – und damit auch der Antrieb.
ADHS bei Erwachsenen: Symptome und typische Überforderung
- Gedankliche Überforderung: Alles scheint gleich dringend, das Chaos im Kopf blockiert den Start.
- Energielosigkeit und Prokrastination: Nicht aus Faulheit, sondern weil das Gehirn keine „aktive Route“ findet.
- Selbstzweifel und Frust: Gedanken wie „Ich schaffe das sowieso nicht“ oder „Ich bin zu unorganisiert“ dominieren.
- Fehlende Erfolgsaussicht: Wenn ein Projekt riesig erscheint, wird der Anfang unmöglich.
Typisches Beispiel: Eine erwachsene Person will ihre Wohnung aufräumen. Sie sieht Staub, Wäsche, Abwasch, Papierkram – alles gleichzeitig. Statt einfach anzufangen, starrt sie auf ihr Handy, weil das kurzfristig Erleichterung bringt.
ADHS bei Kindern: Überforderung, Frust und Rückzug
Kinder mit ADHS erleben dieselbe Überforderung – oft sogar noch intensiver, weil ihnen Sprache und Strategien fehlen.
- Emotionale Reaktionen: Weinen, Frust, Wut oder Rückzug, wenn Aufgaben zu groß wirken.
- Trödeln oder völliges Blockieren: Nicht aus Trotz – sondern aus echter Überforderung.
- Sätze wie „Ich kann das nicht!“ oder Trotzreaktionen: Schutzmechanismen gegen eine Reizflut, die nicht greifbar ist.
- Schnelle Ablenkbarkeit: Das Gehirn sucht nach Reizen, die angenehmer wirken als das, was ansteht.
Typisches Beispiel: Ein Kind soll Hausaufgaben machen. Es schaut auf die Aufgaben, steht auf, wirft den Stift – oder sagt einfach: „Ich mach das nicht.“ Im Inneren herrscht Chaos – keine Struktur, keine Belohnung in Sicht, zu viel auf einmal.
5 Strategien, die bei ADHS und Überforderung helfen
1. Mini-Schritte statt großer Berge
Reduziere Aufgaben auf kleine, klare Einheiten.
- Erwachsene: „Ich bringe jetzt nur das Altglas raus.“
- Kinder: „Wir räumen erstmal nur die Bücher ins Regal.“
2. Externe Struktur und Visualisierung bei ADHS
Nutze Listen, Pläne, Timer, Farben oder Piktogramme – alles, was Aufgaben sicht- und greifbar macht.
3. Co-Regulation statt Druck bei ADHS im Alltag
Menschen mit ADHS profitieren enorm von gemeinsamer Aktivierung.
- Erwachsene: Telefon-Bodydouble, Coworking, Chatpartner.
- Kinder: „Komm, wir setzen uns zusammen an die Hausaufgaben – ich bleib bei dir.“
4. Sofortiges Feedback & kleine Erfolgserlebnisse
Belohnung muss nicht groß sein – ein Haken auf der Liste, ein „Gut gemacht“ oder einfach eine Pause nach 10 Minuten wirkt Wunder.
5. Selbstmitgefühl statt Selbstvorwurf bei ADHS
ADHS ist keine Faulheit. Es ist eine andere Art, die Welt wahrzunehmen und zu verarbeiten. Verständnis für sich selbst – und für Kinder – ist ein entscheidender Heilungsfaktor.
Du möchtest noch mehr darüber erfahren, wie du Kinder emotional stärken kannst? Dann lies auch meinen Beitrag: „Ich bin für dich da“ – wie diese Worte Kindern helfen, Selbstwertgefühl und Gehirnentwicklung zu fördern.
Fazit: ADHS bei Kindern und Erwachsenen verlangt neue Wege
ADHS bei Kindern und Erwachsenen verlangt keine „härtere Disziplin“, sondern neue Werkzeuge. Struktur, Mini-Schritte, echte Begleitung und liebevolles Verständnis sind Schlüssel zu mehr Handlungsfähigkeit.
Es geht nicht darum, perfekt zu funktionieren – sondern passende Wege zu finden, die das Leben leichter machen. Für dich selbst. Und für die Kinder, die dich brauchen.
Externer Link-Tipp: Weitere Informationen und vertiefende Inhalte findest du auf www.adhs.info, dem offiziellen Informationsportal zur ADHS.
Und du?
Kennst du das Gefühl, wenn dein Kopf voll ist und trotzdem nichts passiert?
Wenn du bei deinem Kind oder bei dir selbst spürst: „Ich will ja – aber ich kann nicht anfangen“?
Was hat dir geholfen – und was eher nicht?
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Vielleicht ist dein Alltagsthema auch eines, das ich in einem der nächsten Beiträge aufgreifen kann.
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