„Ich bin für dich da“ – Wie diese Worte Kindern helfen…

… den Selbstwert fördern –

In der Kindheit wird das Gehirn stark von den Erlebnissen und Gefühlen der Kinder geformt. Die Worte, die wir ihnen sagen, haben dabei einen großen Einfluss auf diese Entwicklung.

Was wir zu unseren Kindern sagen, hat Konsequenzen. Unsere Worte beeinflussen das Selbstbild unserer Kinder – Fühlen sie sich wertvoll? Glauben sie, Herausforderungen meistern zu können? Akzeptieren sie sich so, wie sie sind, oder denken sie, sie müssten sich verändern, um gut genug zu sein?

Das, was Eltern sagen, ist zumindest für kleine Kinder immer die Wahrheit. Denn die Eltern sind der Mittelpunkt eines kindlichen Universums, ihre wichtigste Bezugsgröße.

Das Zitat der Autorin Peggy O’Mara bringt es auf den Punkt:

„Die Art, wie wir mit unseren Kindern sprechen, wird ihre innere Stimme.

Worte beeinflussen jedoch nicht nur den Selbstwert, sie wirken sich auch auf die Gehirnentwicklung aus. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass emotionaler Schmerz dieselben Gehirnbereiche aktiviert wie körperlicher Schmerz. Daher ist es wichtig, emotionalen Schmerz zu vermeiden, der oft durch verletzende Worte verursacht wird. Worte können viel Schaden anrichten, sie haben aber auch die Macht aufzubauen, zu ermutigen und liebe zu schenken.

Hier sind fünf Beispiele für Sätze, die die Gehirnentwicklung und den Selbstwert negativ beeinflussen können. Außerdem erklären wir, was Eltern stattdessen sagen sollten, um ihre Worte positiv wirken zu lassen.

  1. „Hört sich so an, als ob du dich nicht gut/wohl fühlst. Ich höre dir zu.“

Wenn ein Kind traurig oder besorgt ist, sagen Eltern oft: „Alles ist gut, mach dir keine Sorgen.“ Dieser Satz soll zwar trösten, hilft dem Kind jedoch nicht, da es lernt, seine eigenen Gefühle zu ignorieren. Wenn das Kind von seinen Eltern hört, dass alles in Ordnung ist, obwohl es sich schlecht fühlt, ist das ungesund. Es lernt, dass seine Empfindungen nicht richtig sind. Die Fähigkeit, eigene Gefühle wahrzunehmen, ist Grundvorrausetzung für die psychische Gesundheit im Erwachsenenalter.

Die Psychologin Stefanie Stahl erklärt: „Der Hauptteil unseres psychischen Erlebens dreht sich um unsere Gefühle. Unsere Gefühle sind entscheidend für unser psychisches Wohlbefinden. Wenn wir unsere Gefühle unterdrücken, können wir depressiv werden.

Kinder müssen lernen, ihre Gefühle zu erkennen und zu verarbeiten. Es ist nicht hilfreich, wenn wir sie von ihren unangenehmen Emotionen ablenken oder sagen, dass alles in Ordnung ist.

Stattdessen brauchen Kinder Menschen, die ihre Gefühle ernst nehmen und ihnen Raum geben. Wenn wir ihnen zeigen, dass wir für sie da sind und ihnen zuhören, helfen wir ihnen, Fähigkeiten zur Problemlösung und zur Regulierung ihrer Gefühle zu entwickeln, die sie ein Leben lang nutzen können.

  1. „Ich sehe, dass du das möchtest/empfindest… Gleichzeitig…“

Wenn Kinder nicht nachvollziehen können, warum sie etwas tun oder lassen sollen, greifen Eltern oft zu Sätzen wie „Weil ich es gesagt habe“. Solche Aussagen sollten wir lieber vermeiden. Denn diese Haltung fordert von Kindern, ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse oder Grenzen zugunsten der Vorgaben anderer zu unterdrücken.

Kinder, die diesen Satz häufig hören, könnten später Schwierigkeiten haben, sich gegen Gruppenzwang zu behaupten oder in unangenehmen Situationen „Nein“ zu sagen.

Stattdessen empfiehlt es sich, den Kindern den Grund für eine Regel oder Grenze zu erklären und ihre Gefühle dabei zu berücksichtigen. Das fördert nicht nur die Gehirnentwicklung, sondern stärkt auch die Beziehung zwischen den Eltern und Ihrem Kind.

Beispiel für eine gelungene Kommunikation, wenn es darum geht, eine Grenze zu setzen:

„Ich sehe, dass du über die Straße laufen möchtest und es kaum erwarten kannst, auf den Spielplatz zu kommen. Ich freue mich auch. Gleichzeitig ist es meine Verantwortung, für unsere Sicherheit zu sorgen. Du kannst entweder meine Hand nehmen oder dich am Kinderwagen festhalten, während wir über die Straße gehen.“

Auf diese Weise lernen Kinder, dass ihre Gefühle richtig, wichtig und anerkannt sind, während sie gleichzeitig erfahren, dass ihre Eltern durch klare und durchdachte Grenzen für ihre Sicherheit sorgen.

  1. „Du bist ein tolles / gutes Kind, ich sehe das es dir schwerfällt / das es schwer für dich ist …. Ich bin für dich da.“

Manchmal versuchen Eltern, das Fehlverhalten ihres Kindes zu ändern, indem sie – meist unbewusst – ihm Schuldgefühle einreden oder es beschämen. Sätze wie „Du solltest dich schämen“ oder „Wie kannst du nur so sein“ sind schädlich, da es sich gerade bei kleinen Kindern, in den meisten Fällen um entwicklungsbedingtes Fehlverhalten handelt. Das kindliche Gehirn kann nicht schneller reifen, wenn wir es bestrafen, das Gegenteil ist dann der Fall.

Scham ist eine erlernte Emotion und wirkt besonders belastend, wenn sie von nahestehenden Personen kommt. Wenn wir unsere Kinder beschämen, öffentlich kritisieren oder herabwürdigen, fangen sie an ihre Gefühle und ihr Verhalten mit ihrer Identität zu verknüpfen.

Um nicht beschämt zu werden, könnten Kinder versuchen, sich wünschenswert und angepasst zu verhalten, was jedoch einen hohen Preis mit sich bringt: Sie beginnen, ihre negativen Gefühle und Fehler als schlecht zu empfinden und versuchen, diese zu vermeiden. Dabei sind beide für ihr Lernen und Wachstum äußerst wichtig. Sie erlernen, somit Verhalten das nicht ihrer eigentlichen Persönlichkeit entspricht.

Wenn wir stattdessen das Kind nicht abwerten und auch in schwierigen Situationen signalisieren, „Ich bin für dich da – Ich sehe dich“, lernt es, dass sein Verhalten nicht seine Identität bestimmt und dass es bedingungslos akzeptiert wird. So können große Emotionen und herausfordernde Situationen zu wertvollen Lernmöglichkeiten werden, bei denen Kinder lernen, ihre Gefühle wahrzunehmen, zu benennen und zu steuern.

Kinder und auch wir als Eltern, jeder Mensch – möchte sich geliebt und wertgeschätzt fühlen. Kinder wollen ihren Platz in der Familie finden und müssen sich dafür sicher und verbunden fühlen. Das ist die Umgebung, in der das kindliche Gehirn optimal gedeihen kann.

  1. „Ich fühle mich…, wenn ich sehe, dass…“

Wenn Eltern ihre eigenen Gefühle ausdrücken, ist die Wortwahl entscheidend. Sätze wie „Du frustrierst mich“, „Du enttäuschst mich“ oder „Du machst mich traurig“ sind für Kinder schwer zu ertragen. Sie erwecken den Eindruck, das Kind sei verantwortlich für die Gefühle der Erwachsenen. Kinder sollten jedoch nicht für unsere Emotionen verantwortlich gemacht werden und können diese auch nicht regulieren. Dafür sind wir allein verantwortlich.

Wir haben ein paar hilfreiche Tipps, wie man eigene Gefühle angemessen mitteilen kann. Zum Beispiel:

Ich bin frustriert, wenn ich sehe, dass überall Spielzeug auf dem Boden liegt. Wie können wir das gemeinsam angehen?“

Die Verwendung von „Ich fühle“-Aussagen hilft uns, in eine stärkere Position zu gelangen und nicht das Kind in eine Opferrolle zu drängen. Es bedeutet: „Ich habe diese Gefühle, weil das und das passiert ist. Meine Gefühle gehören mir, ich setze eine Grenze, und du kannst fühlen, was du möchtest.

Wenn wir unseren Kindern zeigen, wie man Gefühle wahrnimmt und benennt sowie Konflikte löst, werden auch sie diese Fähigkeiten aufbauen und später selbst anwenden können.

  1. „Ich liebe dich, das Verhalten im Moment mag ich aber nicht.“

Manchmal sagen Eltern: „Ich liebe dich, aber im Moment mag ich dich nicht.“

Diese Aussage – und auch die im Artikel zuvor genannten – können, für ein sich entwickelndes Gehirn schädlich sein, je häufiger ein Kind sie hört, da sie das Verhalten eines Kindes mit seiner Identität gleichstellt.

  • Kinder sind nicht ihr Verhalten.

Stattdessen empfiehlt es sich, den Satz leicht abzuändern: „Ich liebe dich, das Verhalten im Moment mag ich aber nicht.“


Zum Ende noch eine wichtige Botschaft – Keiner von uns ist perfekt. Wir werden Dinge sagen und tun, die wir gerne zurücknehmen würden. Das gehört zum Menschsein dazu. Unsere Kinder sind ebenfalls Menschen. Menschen, die noch am Anfang stehen und durch uns lernen.

Eine Familie zu sein bedeutet, miteinander zu lernen und zu wachsen.

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